Die Nervosität der Märkte

8. Februar 2024 | Märkte | Update: 08/02/2024

Long Story Short

Die Wirtschaft besteht zu 50 % aus Psychologie, soll angeblich schon der Vater des Wirtschaftswunders Ludwig Erhard gesagt haben. Auch wenn der Satz in dieser Vergröberung mindestens ungenau ist, so stimmt sein Kern. Die Volkswirtschaftslehre kennt diese Einflüsse auf den Markt schon lange. Im Fall der Kryptos aber sind nicht ökonomische Faktoren deutlich mächtiger als in anderen Märkten. So fragen wir uns: Warum sind die (Krypto-)Märkte so nervös?
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Christina Schmidt | Pixabay

Musk bewegt die Kurse

Elon Musk, Tech-Unternehmer und erklärter Krypto-Fan, hat in der Vergangenheit mehrfach durch Äußerungen auf seinem bevorzugten Medium Twitter/X die Kryptomärkte in Wallung gebracht. Häufig hat er durch die 280 Zeichen eines Tweets die Kurse beispielsweise von Dogecoin nach oben getrieben hat. So twitterte er „Dogecoin ist mein Favorit, weil es den besten Humor als auch Hunde hat.“

Dutzende Äußerungen wie diese hat der Milliardär in den vergangenen Jahren abgesetzt und nicht wenig Anteil daran, dass die Marktkapitalisierung der Währung mittlerweile bei knapp 10 Milliarden USD liegt.

Auch dass Musk im April 2023 für kurze Zeit den blauen Vogel Twitters/X durch den Shiba Inu, das Logo des Dogecoins ersetzt hat, beflügelte den Höhenflug der Spaßwährung. Dieser Enthusiasmus hat allerdings seine Schattenseite. So verklagten Musk im Juni 2023 Anleger wegen Insiderhandels mit Dogecoin. Die Kläger gaben an, er habe mit dem Logotausch einen starken Kursanstieg bewirkt und danach DOGE im Wert von 124 Millionen USD verkauft.

Musk ist auch bei einem anderen Fall der Protagonist. Sein Weltraumunternehmen SpaceX hatte Ende August Kryptobestände im Wert von 373 Millionen USD veräußert. Danach hat der Kurs des Krypto-Marktführers um fast zehn Prozent nachgegeben. Allerdings bestehen einige Zweifel an einem Zusammenhang. Tesla, ein weiteres Unternehmen aus dem Musk-Reich, hält bedeutende Bestände an Bitcoin und Dogecoin.

Vor zwei Jahren machte die Frankfurter Allgemeine unter der Überschrift „Elektroautopionier Musk macht Tesla-Kauf mit Bitcoin möglich“ auf das Engagement des Autobauers aufmerksam. Im Text heißt es: „Der Tesla-Gründer hatte Anfang Februar für 1,5 Milliarden die hochvolatile Kryptowährung gekauft und damit für Wirbel gesorgt. Am selben Tag kletterte die Währung über die 40.000-Dollar-Marke, Mitte März erreichte sie ein Rekordhoch bei 61.782 Dollar. Musk hatte damals zudem angekündigt, dass er Bitcoin als Zahlungsmittel für Tesla-Autos akzeptieren wolle.“

Vertrauen ist die Basis

Warum haben die Äußerungen und Handlungen eines zugegeben reichweitenstarken Menschen wie Musk einen solchen Einfluss?

Die Antwort hat mit dem Begriff vertrauen zu tun. Jemand, der die Erfolgsfirmen PayPal, Tesla und SpaceX, außerdem zahlreiche andere Unternehmen gegründet hat, muss ja einen tieferen Einblick in die Wirtschaft haben als andere. Nun würde aber ein gefestigter Markt beziehungsweise ein Markt, der seit Jahrzehnten besteht, nicht einfach durch eine simple Aussage Kursstürze oder Höhenflüge erleben. Ein Warren Buffett oder George Soros üben sicherlich durch ihre Einschätzungen oder Käufe/Verkäufe Einfluss auf die Entwicklung der Aktienmärkte aus, aber niemals in dem Einfluss wie Musk auf die Kryptomärkte.

Aufgrund des vergleichsweise geringen Handelsvolumens im Vergleich zu traditionellen Finanzmärkten sind Kryptomärkte anfälliger für Marktmanipulationen, einschließlich Pump-and-Dump-Schemata und Wale, die große Mengen an Kryptowährungen bewegen.

Der Vertrauensentzug und seine Folgen

Umgekehrt hat der Kryptomarkt im vergangenen Jahr gezeigt, welche Auswirkungen der Verlust von Vertrauen haben kann. Der betrügerische Bankrott von TERRA/Luna und FTX, zahlreiche Pleiten wichtiger Unternehmen, der juristische Dauerstreit zwischen Ripple und der SEC, zahlreiche Betrugsfälle wie der der „Krypto-Queen“ und Ungereimtheiten um große Börsen wie Binance habe im Jahr 2022 als zu einem gewaltigen Vertrauensverlust geführt. Dieser Einfluss hat neben einigen anderen Faktoren zum Kryptowinter geführt, der den Bitcoinkurs und viele andere wichtige Währungen einen großen Teil ihres Wertes gekostet hat. So ist BTC von seinem Allzeithoch von fast 70.000 USD für einen Coin im November 2021 auf 15.500 USD Mitte des Jahres 2022 gefallen.

Emotionen als treibender Faktor

Neben Vertrauen – oder eben Misstrauen – sind weitere Emotionen Treiber des Kryptomarktes.

Gier, Angst und Panik können sich besonders in jungen, wenig gefestigten Märkten auswirken. Das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 ist ein anschauliches Beispiel dafür. Dazu kommt das FOMO genannte Phänomen: Mit FOMO (fear of missing out) ist die Angst gemeint, etwas zu verpassen. Auf unser Beispiel umgelegt kann das bedeuten, den Start einer werthaltigen neuen Kryptowährung zu verschlafen. So werden die Kryptomärkte stark von Emotionen wie Gier und Angst angetrieben; Anleger verkaufen panisch oder kaufen gierig, was zu plötzlichen Preisschwankungen führt.

Stichwort Gier: Stark spekulatives Verhalten ist ein anderer Treiber der Volatilität des Marktes. Viele Menschen investieren in Kryptowährungen, um von den potenziell hohen Renditen zu profitieren.

Junge Märkte mit Unsicherheit

Aber nicht nur psychologische Faktoren bedingen die Nervosität der Märkte, es kommen auch noch eine Reihe externer Ursachen dazu.

Die Regulierung von Kryptowährungen variiert von Land zu Land, wird in der EU anders gehandhabt als in den USA und kann sich schnell ändern. Ankündigungen von Regierungen über neue Regelungen oder Verbote können die Märkte stark beeinflussen.

So hat die Europäische Union ein Gesetzespaket namens MiCA angekündigt; der Regulierungsrahmen soll nicht nur Anleger schützen, sondern auch den Emittenten und Börsen die Rechtssicherheit geben, die sie benötigen. Bei den eher technischen Umständen stehen kriminelle Hacks im Vordergrund.

Die Börsen haben zwar in den vergangenen Jahren immer bessere Maßnahmen ergriffen, um potenziellen Cyber-Dieben das Leben schwer zu machen, aber sind immer noch neunstellige Summen, die auf die Art und Weise verloren gehen. Auch können regulatorische Eingriffe der Staaten helfen, wenn sie unter anderem Einlagensicherungsfonds vorschreiben und so Vertrauen schaffen.