Der Krimi um FTX

11. November 2022 | Kryptos & Medien | Update: 09/02/2024

Long Story Short

Eine Kryptobörse gerät in Schwierigkeiten, der Markt gerät unter Druck, die Währungen verlieren stark an Wert. Ein paar Tage später erholen sich die Kryptowährungen wieder, der Fall ist jedoch noch nicht abschließend gelöst. Die Rede ist von FTX, einem der Hauptkonkurrenten des Branchenführers Binance. Die Börse hat am Freitag, den 11.November Insolvenz angemeldet, dazu 130 weitere Unternehmen, die mit FTX die FTX Group bilden. Deren CEO Sam Bankman-Fried trat zurück. Was genau ist geschehen?
Der Krimi um FTX
Foto: Canva / @Meckie

Man muss sich Sam Bankman-Fried als glücklichen Menschen vorstellen. Der Dreißigjährige, der stets von der Presse mit dem Beinamen „Wunderkind“ vorgestellt wird, ist sechzehnfacher Milliardär und der erste Mensch, dem zugetraut wird, Billionär zu werden. Heute muss man eher in der Vergangenheitsform sprechen, denn SBF, wie er verkürzt genannt wird, hat sein Vermögen größtenteils verspielt und seine Gründung, die Kryptobörse FTX offensichtlich in den Ruin getrieben. Der Grund, soweit ihn die Onlinemedien ihn verbreiten, dafür: Alameda Research, eine Beteiligungsgesellschaft in SBFs Firmenkonglomerat, hat von FTX zehn Milliarden USD geliehen bekommen haben, mit dem das Unternehmen dann spekulierte. Das Problem: das Geld stammt von den FTX-Anlegern.

Außerdem hat FTX einen Großteil des Börsen-eigenen Token an Alameda transferiert. Als Teile dieser Geschichte an die Öffentlichkeit kamen, haben tausende von Anlegern Order platziert, ihr Kapital abzuziehen. Alleine am Sonntag, den 03. November, versuchten die Kunden fünf Milliarden USD zurückzuholen. An dieser Stelle kommt die Kryptobörse Binance ins Spiel bzw. deren CEO Changpeng Zhao, der laute Zweifel an der Liquidität von FTX geäußert hatte. Diese Aussagen haben die Vorgänge zumindest beschleunigt. Aber Zhao und FTX verbindet einiges, was die Äußerungen erklärt.

Binance und FTX - eine wechselvolle Geschichte

Als Sam Bankman-Fried FTX 2019 gründet, hat er einen mächtigen Verbündeten. Binance investiert massiv in seine Börse und hilft beim Aufstieg. Die Harmonie endet im Juli 2022, als FTX Binance herauskauft und die Kooperation beendet. So geht Binance eine Verdienstmöglichkeit verloren, was Changpeng Zhao nicht gefallen haben dürfte. Am 2. November machen erstmals Gerüchte über FTX die Runde. Der Wert der Börse fällt kurz, steigt dann aber wieder.

Dann aber nimmt die FTX-Achterbahn spätestens am 05. November Fahrt auf, als im Gegenwert von 500 Millionen FTT-Coins zum Verkauf frei gegeben werden, mutmaßlich von Binance. Der Kurs der Coins fällt auf 23 USD. Alameda wehrt sich, indem das Unternehmen erklärt, dass es nicht von der hauseigenen Währung abhängig ist, worauf der Kurs wieder stiegt. Nun machte der Gründer von Binance Changpeng Zhao Nägel mit Köpfen und verkaufte die 23 Millionen FTT, wohl in der Absicht, FTX zu schaden.

Alameda bot darauf hin an, ihm die FTT für einen Kurs von 22 USD abzukaufen, was den Kurs wieder nach oben trieb. Weitere Aussagen des Binance-CEO wie ein Vergleich mit Terra/Luna lassen darauf schließen, dass er seinem Wettbewerber schaden will. Viele Marktbeobachter, vor allem in den sozialen Medien übernehmen die Tweets jedoch ungeprüft und sähen damit Panik, worauf die Anleger ihr Geld zurückfordern. Nun setze der Absturz des Handelsplatzes ein.

In dieser Situation schlug Changpeng Zhao den letzten Nagel in den Sarg, indem er öffentlich machte, dass ihn FTX um Hilfe gebeten hätte. Binance postet auf Twitter:
Infolge der Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens sowie der jüngsten Nachrichtenberichte über falsch verwaltete Kundengelder und angebliche Ermittlungen der US-Behörden haben wir beschlossen, die potenzielle Übernahme von FTX.com nicht weiterzuverfolgen.

Auswirkungen auf einen ganzen Markt

Die fehlende Liquidität in Verbindung mit dem Rücktritt des CEO Sam Bankman-Fried sind vorläufig das letzte Kapitel in der Geschichte. Dazu kommt der Verdacht, dass SBF Kundengelder veruntreut hat. Diverse andere Währungen haben einen Teil des Wertes eingebüßt, der Bitcoin-Kurs etwa fiel auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren, Ethereum verlor fast ein Viertel seines Wertes. Sicher werden die Währungen die Verluste wieder aufholen, was schwerer zu ersetzen ist, ist das Vertrauen, dass durch solche Vorgänge verloren geht. Nicht nur die mutmaßliche kriminelle Energie der beiden Protagonisten ist dafür verantwortlich.

Auch Teile der bundesdeutschen Presse, allen voran die Süddeutsche Zeitung, meinte ihr Boulevardsüppchen auf dem Fall der Börse kochen zu müssen.

So fabulierte das Blatt: „Unternehmer Sam Bankman-Fried galt als Wunderkind und stilisierte sich zum Retter der Welt. Jetzt bricht seine Krypto-Börse FTX spektakulär zusammen, in der Szene herrscht Panik.“ In einem Kommentar, überschrieben mit „Bye-bye, Bitcoin“ phantasiert dessen Kollege Bastian Brinkmann: „Die Krypto-Börse FTX ist in höchster Not, der Fall erschüttert die Szene. Höchste Zeit, sich von der Pseudoreligion Krypto zu verabschieden.“ Diese Äußerungen liegen ungefähr auf dem Niveau, als hätte jemand 2009 geschrieben: „Die Lehmann Bank ist zusammengebrochen. Höchste Zeit, sich vom US-Dollar zu verabschieden.“

Die wahren Auswirkungen wird die Zeit zeigen, aber eines mögen sich die beiden Herren merken: Die Kryptos sind gekommen, um zu bleiben.