Smart Contract: der digitale Vertrag revolutioniert den Alltag

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Seit Jahrhunderten ist es selbstverständlich, dass zwei Menschen, die beispielsweise einen Kaufvertrag miteinander eingehen möchten, eine dritte Partei zur Absicherung oder professionellen Durchführung des Vertragsprozederes hinzuziehen. Das ist in der Regel ein Anwalt oder Notar, also jemand, der für die juristische Korrektheit des Vorgangs bürgt. Auch diesen Lebensbereich revolutioniert die Blockchain: die sogenannten Smart Contracts erleichtern den Umgang mit juristischen Willensbekundungen in zahlreichen Branchen erheblich.

Digitale Verträge: Was sind Smart Contracts?

Die direkte Übersetzung des Begriffs Smart Contract ins Deutsche lautet „intelligenter Vertrag“. Aber natürlich ist der Vertrag nicht intelligent, weshalb Digital Contract vielleicht der bessere Name gewesen wäre. Dafür sind seine Einsatzmöglichkeiten und zahlreiche andere Eigenschaften beachtenswert.

Der Smart Contract ist ein Computerprogramm, dass auf Protokollen basiert. Die Vertragsbedingungen sind in dessen Codezeilen eingeschrieben. Dabei unterscheidet sich der Vertrag rechtlich gesehen nicht von einem Dokument aus Papier. Zu den juristisch bindenden Klauseln zählt die Willenserklärung der beteiligten Parteien, deren Namen und Anschriften sowie weitere Rahmenbedingungen.

Dieser Code liegt auf den Nodes (Netzwerkknoten) der Blockchain. Er lässt einfache Wenn/Dann-Funktionen zu. Im Fall eines Kaufvertrags können beispielsweise die Abwicklung und die Zahlung als Funktion enthalten sein. Wenn also eine Reihe von vorbestimmten Bedingungen erfüllt ist, dann wird der Vertrag aktiviert und ausgeführt, die Blockchain dokumentiert den Vorgang und speichert ihn. Eine Überwachung durch einen Menschen, etwa einen Anwalt erübrigt sich.

Ein wichtiger Pionier der aktuell genutzten Smart Contracts ist Ethereum. Die digitalen Verträge stellen eine der zentralen Funktionen von dessen Blockchain dar.

Smart Contract
Foto: Pixabay / Gerd Altmann

Alle Vorteile der Blockchain: Wie funktioniert ein Smart Contract?

Wie ausgeführt, liegen die Smart Contracts auf der Blockchain. Deren technologische Beschaffenheit verleiht den Verträgen erst die notwendigen Eigenschaften: Transparenz, Sicherheit, schnelle Ausführung und den Verzicht auf eine dritte Instanz. Sind die Vertragsbedingungen erst von allen beteiligten Parteien verifiziert, können sie nicht mehr nachträglich geändert werden. Alle weiteren Vorgänge führt das Programm automatisiert selbst aus. Zu den Funktionen kann beispielsweise auch die Interaktion mit anderen Programmen gehören.

So läuft die Transaktion per Smart Contract praktisch ab:

Du möchtest ein Produkt X verkaufen. Jetzt finden sich mehrere Käufer. Der Kaufvertrag muss also die Willensbekundung enthalten, dass Du Deinen Käufern das Produkt gegen die Zahlung einer definierten Summe Geldes überlässt. Ferner muss der Vertrag die Namen und Anschriften aller Käufer wie Verkäufer enthalten. Diese Bedingungen sind im Code des Vertrags festgeschrieben, weshalb die Wendung „Code is law“ (der Computercode ist das Gesetz) hier angewendet wird.

Wenn jetzt der Käufer die vertraglich vereinbarte Kaufsumme von 1.000 Euro (oder eine vorher festgelegte Summe in Kryptowährung) anweist, dann gehört ihm als Konsequenz das Produkt ab diesem Zeitpunkt. Über diese Vorgänge werden Du und Deine Vertragspartner unmittelbar informiert. Dafür sorgt die dezentrale Struktur der Blockchain, die bei allen teilnehmenden Computern des Peer-to-Peer - Netzwerks den gleichen Informationsstand fordert.

Sicherheit und Verlässlichkeit: Welche Vorteile haben Smart Contracts?

Alle Eigenschaften, die der Blockchain zugeschrieben werden, weisen auch die digitalen Verträge auf. Da es sich bei Verträgen um juristische Willensbekundungen handelt, sind einige der Besonderheiten der Blockkette wie geschaffen für die Smart Contracts.
  • So sind die Vertragsbedingungen klar und transparent formuliert, Missverständnisse aufgrund unterschiedlicher Interpretationen sind ebenso ausgeschlossen wie Datenverluste, was zu einem erheblichen Anstieg der Verlässlichkeit führt.
  • Eine dritte, vermittelnde Person oder Institution (Anwalt oder Bank) ist nicht notwendig, sodass die Abläufe beschleunigt, vereinfacht und verbilligt werden können. Dazu kommt die Unabhängigkeit von Dritten.
  • Sicherheit ist ein Hauptargument für die Arbeit mit der Blockchain. Damit ist die Sicherheit vor Hackerangriffen von Außen wie der Manipulation der Daten von Innen gemeint. Entsprechend sind auch die Smart Contracts geschützt.
  • Diese Eigenschaften führen dazu, dass alle Vertragspartner einander vertrauen können, was auch für Partner gilt, die sich niemals im Leben begegnet sind.

Eine (zu) junge Technologie? Nachteile der Smart Contracts

Die Technologie ist jung, deshalb noch nicht ausgereift, wodurch theoretisch Fehler entstehen können. Was die Manipulation angeht, so ist es wie bei jeder Technik, dass der Faktor Mensch, sei es in betrügerischer Absicht oder durch fehlende Kompetenz, Unsicherheit ins System bringen kann. Außerdem lassen sich Transaktionen, wenn sie einmal initiiert wurden, nicht rückgängig machen.

Das gilt auch für Fehler im Code, die ebenfalls nicht korrigierbar sind. Obwohl die Technologie auch für klein- und mittelständische Betriebe eine gute Alternative darstellen, werden die Smart Contracts auf absehbare Zeit Großunternehmen vorbehalten sein, die das nötige Know-how besitzen und die Investitionen in die Infrastruktur stemmen können.

Überall in der Wirtschaft und Verwaltung: Wo können Smart Contracts eingesetzt werden?

Das Beispiel im vorherigen Kapitel mag bewusst simpel gewählt sein, die große Stärke der Smart Contracts ist jedoch die Abwicklung deutlich komplexerer Vorgänge. Dazu kommt ihre vielseitige Verwendbarkeit in einer Reihe von Branchen:

Immobilien:
Speziell der Immobilienmarkt ist bei Vermietungen unflexibel. Smart Contracts könnten hier Abhilfe durch Regelungen schaffen, die den Marktwert der Immobilie sowie die Marktentwicklung berücksichtigt. Die Miete würde dementsprechend automatisch angepasst. Auch die Grundbucheintragung kann auf der Blockchain per Smart Contract ausgeführt werden- ohne einen Notar hinzuziehen zu müssen.

Versicherungswirtschaft:
Versicherungen beruhen auf Verträgen, die ebenfalls auf der Blockchain basieren können.Tritt der Versicherungsfall ein und sind alle vorher ausgehandelten Bedingungen erfüllt, könnte die Schadensumme ohne langwierige Begutachtungen automatisch überwiesen werden. Vor allem, wenn der Grund für den Schaden offensichtlich ist - bei Elementarversicherungen wären das Flutkatastrophen wie 2021 im Ahrtal - wäre die automatische Abwicklung für die Opfer zeitsparend. Im Fall der Flugverspätungsversicherung bestehen bereits entsprechende Produkte, die automatisch zahlen, wenn der Flug sich mehr als zwei Stunden verspätet.

Gesundheitswirtschaft:
In der Gesundheitsbranche kam und kommt es immer wieder zu Betrugsfällen, beispielsweise bei der Ausstellung von Rezepten. Wäre die Rezeptierung wie auch der Verkauf eines Medikaments durch die Blockchain per Vertrag geregelt, wäre ein Betrug ausgeschlossen. Eine besonders wichtige Anwendung betrifft die digitale Patientenakte, die den Austausch zwischen Ärzten, Kliniken, Versicherungen und Patienten erleichtern sollen. Letztere hätten die Möglichkeit, von vorne herein zu bestimmen, welcher Partner Zugriffsrechte auf die Daten hat.

Lieferketten:
Wer sich vor Augen führt, wie kompliziert eine Lieferkette vom Rohstoffproduzenten über den Handel bis zum Konsumenten sein kann, versteht den Nutzen von Smart Contracts auf Anhieb. Der digitale Vertrag könnte allen Beteiligten an der Supply Chain die gleiche Vertragsgrundlage bieten und darüber hinaus für Transparenz über Produktionsbedingungen oder Produktionsstände sorgen.

Über diese Beispiele hinaus bestehen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain-basierten Verträge. In der Finanzwirtschaft zeigt Ethereum, welche sinnvollen Verknüpfungen zwischen den Smart Contracts und der Kryptowährung Ether bestehen.

Stromkonzerne bieten bereits entsprechende Verträge an, um unkompliziertes Zahlen an Stromzapfsäulen zu ermöglichen. Private Solarstromanbieter können den Strom Kunden direkt anbieten, ohne eine dritte Partei einbinden zu müssen. Die Blockchain dokumentiert fälschungssicher die Produktion, die Verbräuche und Preise.

Softwarehersteller können Piraterie bekämpfen, indem sie festlegen, wer die Programme nutzen darf, die sich automatisch deaktivieren, wenn ein Unbefugter darauf zugreift. Auch für den korrekten Ablauf politischer Wahlen kann die Technologie genutzt werden.

Fazit: Die Zukunft gehört den Smart Contracts

Kryptowährungen, Blockchains und Smart Contracts bilden eine starke Einheit, was die Ausgestaltung von Verträgen in naher Zukunft angeht. Die Coins können direkt in den Vertrag eingebunden werden und den Zahlungsverkehr automatisieren, die Blockchain die Abläufe absichern und die Verträge selbst garantieren für eine maximale Transparenz und aktuelle Information der Vertragspartner. Zusammen genommen haben diese Eigenschaften das Zeug, eine Reihe wichtiger Branchen zu verändern.