Die (Krypto-)Welt nach FTX

6. Februar 2024 | Kryptos & Crime | Update: 06/02/2024

Long Story Short

FTX ist insolvent, die Anleger wurden um Milliarden ihrer Einlagen geprellt. Sam Bankman-Fried, dessen Gier, Kurzsichtigkeit und kriminelle Energie den Schaden größtenteils zu verantworten hat, wartet auf sein Urteil. Im März wird er wissen, wie viele Jahrzehnte er auf die Annehmlichkeiten des Milliardärdaseins verzichten muss. Viele Experten sind sich einig, der Ex-CEO der ehemals zweitgrößten Kryptobörse der Welt hat dem Markt einen gewaltigen Schaden zugefügt. Und die Währungskurse? Schießen nach oben. Wie ist das zu erklären?
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Die Psychologie des Homo Economicus

Dass die Welt der Geldanlagen zu einem großen Teil von Psychologie bestimmt wird, ist ein alter Hut. Der Mensch ist keine Effizienzmaschine, kein emotionsloser Roboter, der tut, was die Logik gebietet. Im Gegenteil, nur wenige Bereiche des menschlichen Lebens werden so von Leidenschaften dominiert wie die Kapitalmärkte. Unterschiedliche Erwartungen, Ängste, vor allem aber Gier bestimmen das Verhalten vieler Anleger. Die vorherrschende Erwartung ist, grob gesprochen, die Fear of missing out (FOMO).

Dahinter steckt ein bestimmter Mechanismus des menschlichen Geistes. Die Geschichte der Kryptowährungen hat gezeigt, dass die Token große Renditen versprechen, die sie über Jahre einhalten können. Menschen wurden mit geringen Kapitaleinsätzen zu Millionären. Dann allerdings wirken unterschiedliche Faktoren auf den Markt ein, seien es politische Entscheidungen, Krisen oder Vorfälle wie die FTX-Insolvenz und die Kryptos begeben sich auf Talfahrt. Das eine wie das andere ist eine Erfahrung, die bei einem Investment in die Kalkulation einbezogen werden muss.

Im Zweifel wird ein intelligenter Anleger nicht auf jeden Zug aufspringen, auch wenn die Renditeerwartung noch so verlockend ist. Es ist allerdings menschlich, dass sich immer wieder genügend Investoren wider besseres Wissen hinreißen lassen, ihr Erspartes auf zweifelhafte Pferde zu setzen. Wäre es anders, hätten Scharlatane wie die selbst ernannte Kryptoqueen Ruja Ignatova nicht ein solch leichtes Spiel gehabt.

Sicherheit vs. Risikodenken

Der zweite, auch psychologische Faktor ist die Neigung vieler Anleger, in Krisenzeiten in vermeintlich sichere Werte zu investieren.

So sind Sachwerte wie Gold oder Platinmetalle heute gesuchte Wertanlagen. Die Feinunze Palladium (ein Platinmetall) ist seit 2009 um 600 Prozent gestiegen. Aktuell steht die Unze bei 1.069,00 EUR. Gold hat eine ähnlich starke Entwicklung zu verzeichnen. Ende 2023 liegt die Unze Gold knapp unter 1.900,00 EUR. Auch wenn die Unterschiede zwischen den beiden Märkten stark ausgeprägt sind, so ist die Geisteshaltung ihrer Anleger verblüffend ähnlich. Beide eint eine starke Skepsis gegenüber Fiat-Währung und der Wunsch nach einer nicht inflationären Geldanlage.

Allerdings scheint das Sicherheitsbedürfnis weniger stark ausgeprägt zu sein, als der Wunsch nach hoher Rendite. So hat sich der Goldpreis zwischen 2011 und 2011 um etwas über 40 Prozent nach oben bewegt, die Preisentwicklung des Bitcoins ist mit über 400.000 Prozent ist hingegen explodiert. Wenn sich jetzt die Kryptomärkte, den Kryptowinter von 2022 eingedenk, wieder stark nach oben entwickeln, dann spielt der Glaube an das Prinzip Krypto wieder eine ganz starke Rolle.

Äußere Faktoren, politische Entscheidungen

Eigentlich müssten die Krisen, die Menschen in Gold flüchten lassen, die volatiler Märkte, zu denen in erster Linie auch die Kryptomärkte zählen, ebendiese Märkte weiter schwächen. Der Krieg in der Ukraine, der immer noch auf die Nachbarländer übergreifen kann, die Verbrechen der Hamas und der darauffolgende Gaza-Krieg, die gerade überwundene Pandemie sollten den Absturz der Märkte weiter begünstigen.

Hinzu kommt die Geldpolitik der beiden bedeutendsten Zentralbanken, der Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank. Deren Zinspolitik, das Anheben der Leitzinsen, ist Gift für die Kapitalmärkte, nicht nur für die Kryptohandelsplätze. Trotz einer im Herbst begonnen Pause liegen die Zinsen bei 5,5 Prozent (Fed) und 4,5 Prozent (EZB). Das sind die höchsten Sätze seit über zwei Jahrzehnten. Allerdings zeigen sich die Märkte auch angesichts dieser Entwicklung robust.

Zuversicht angesichts kommenden ETFs und Regulierungen

Der Bitcoin hat seit Anfang um 120 Prozent zugelegt, die meisten anderen Währungen sind, wenngleich nicht spektakulär, nachgezogen. Was die derzeitige Entwicklung befeuert, sind eine ganze Reihe von Faktoren. Zunächst ist da die Entscheidung von Blackrock zu nennen, einen ETF-Fond aufzulegen, der auch Bitcoin enthält; ein Pendant mit Ethereum wird im Januar bei den Aufsichtsbehörden nachgereicht. Wenn der weltgrößte Anleger Finanzprodukte mit Kryptoanteilen auf den Markt bringt, dann stärkt dies das Vertrauen in diese Assetklasse ungemein.

Einen ähnlichen Effekt hat die Ankündigung der EZB sowie der Bank of England, digitale Euro und Pfund zu entwickeln. Die Akzeptanz der Token steigt dadurch wie durch die Bemühungen von EU und SEC, einen gesetzlichen Rahmen zu entwickeln, der die Eigenheit der Kryptos berücksichtigt, gleichzeitig die Sicherheit der Anleger nicht vernachlässigt.

Auch in der allgemein staatsskeptischen Kryptogemeinschaft macht sich die Erkenntnis breit, dass die Etablierung dieser noch jungen Technologien schwer gegen die mächtigen staatlichen Institutionen zu erreichen ist. So hat die SEC, deren Chef Gary Gensler als Kryptogegner gilt, Mitte November überraschend verlautbaren lassen, dass sie der Wiedereröffnung der Pleite-Börse FTX aufgeschlossen gegenüberstünde. Eine Voraussetzung ist, dass sich die Verantwortlichen bei einer Neuauflage an die geltenden Gesetze halten.

Ein weiterer Grund ist das Bitcoin-Halving im kommenden Jahr; die Verknappung der „Leitwährung“ hat bisher immer den gesamten Markt hochgezogen.

Fazit: Vorsichtiger Optimismus und Vorfreude auf steigende Kurse

Die Ereignisse des rabenschwarzen Jahres 2022 scheinen entweder die Währung Vertrauen nicht komplett zerstört zu haben, oder aber Vertrauen ist weniger relevant als die Gier nach hohen Renditen. So oder so: die Märkte haben sich trotz eines schwierigen Umfeldes erholt und scheinen vom Tauwetter nach dem Kryptowinter in einen Bullenmarkt überzugehen. Die Investition in Kryptos und artverwandte Produkte lohnen sich wieder.

Allerdings sollte niemand beim Investieren das Augenmaß verlieren. So haben die Söhne der EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine Menge Geld bei der Spekulation mit Kryptos verloren. Lagarde gilt als Gegnerin der digitalen Währungen und man darf annehmen, dass sie den beiden jungen Herren gehörig den Kopf gewaschen hat.